Armut

Armut ist wieder ein Thema

Die Armut – auch im reichen Luxemburg – ist wieder verstärkt in den Blickpunkt der öffentlichen und kirchlichen Aufmerksamkeit gerückt. Das Parlament hat eine Debatte über Armut im eigenen Land geführt, wissenschaftliche Studien bezüglich des Armutsrisikos und der Gründe von Armut wurden in Auftrag gegeben. Die Kirche in Luxemburg hat einen Prozess angestoßen, dessen Ergebnisse in ein bischöfliches „Sozialwort“ münden. Das Sozialwort, das die entsprechenden Beiträge der Basis berücksichtigt, enthält ein eigenes Kapitel über Armut.

In meiner Eigenschaft als Seelsorger in einem Viertel der Hauptstadt, das als sozialer Brennpunkt ausgewiesen ist, werde ich tagtäglich mit Menschen in ärmlichen Verhältnissen konfrontiert. Gleichsam vor meiner Haustür begegnet mir leibhaftig Armut in Luxemburg.

Armut hier und da

Die Nichtregierungsorganisation (NRO) „Lëtzebuerger Jongbaueren a Jongwënzer – Service Coopération“ hat sich, wie viele andere Hilfsorganisationen, zum Ziel gesetzt, der Armut in den Entwicklungsländern den Kampf anzusagen. Wir tun es mit viel Einsatz seit fast fünfzig Jahren schwerpunktmäßig in West- und Zentralafrika.

Armut in Luxemburg und Armut in Afrika hat Gemeinsamkeiten aber auch viele Unterschiede. Der Arme in Afrika lebt mit dem Existenzminimum, der in Luxemburg auch. Allerdings gibt es zwischen beiden Minima einen enormen Unterschied. Würde ein Afrikaner beispielsweise über ein monatliches RMG verfügen, so gehörte er der gesellschaftlichen Oberschicht an.

Gemeinsam ist vielen Armen auch, dass sie Armut als Fatalität ansehen. Es fehlt an Perspektiven auf ein besseres Leben. Persönlich habe ich den Eindruck, dass die Resignation bei den Armen in Luxemburg noch größer ist, als bei den Minderbemittelten in Afrika. Man sieht sich in einer ausweglosen Opferrolle, die einen Ausstieg aus der Prekarität nur schwer zulässt.

Menschen in Armut in Luxemburg leiden fast ausnahmslos an einem zerstörten Sozialgefüge. Sie leben oft ohne familiäre Bindungen und feste Bezugspersonen. Das sieht in Afrika in vielen Fällen anders aus. Dort ist der einzige Reichtum mitunter die Einbettung in die Großfamilie mit ihrer Solidarität.

Den Weg aus der Armut selbst gehen

Entwicklungszusammenarbeit möchte Wege aus der Armut aufzeigen und ermöglichen. Den Weg gehen müssen die Betroffenen selbst. Wenn wir, wie in dem vergangenen Jahr, ein großes Schulprojekt in der Demokratischen Republik Kongo unterstützt und zur großen Zufriedenheit evaluiert haben, dann geschah es, um jungen Menschen Bildungschancen zu eröffnen, die sie im Leben weiter bringen. Erwiesenermaßen ist Bildung ein wesentlicher Faktor des sozialen Aufstiegs. Bildung als Motor des gesellschaftlichen Fortschritts ist auch der Leitgedanke eines Entwicklungsprojektes in Benin, das jungen Landwirten zugute kommt.

In Burkina Faso wollen wir noch in diesem Jahr mit einem mehrjährigen Entwicklungsprogramm starten, das für über 1000 Familien neue Zukunftsperspektiven eröffnen soll. Im gleichen Land ist eine Biogasanlage für ein Gymnasium in Planung.

Mit Hilfe unserer regionalen Gruppen und den vielen Spendern wollen wir Menschen in Afrika sensibilisieren, Armut eben nicht als Fatalität zu sehen. Wir wollen ihnen Hilfen zur Hand geben, um die Chancen, die in ihnen stecken zu nutzen und für eine bessere Zukunft einzusetzen. Armut kann bekämpft werden, wenn die betroffenen Menschen diesen Kampf selbst führen. Wir unterstützen sie dabei mit den uns gegebenen Mitteln.

Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, wie die uns anvertrauten Geldmittel im letzten Jahr eingesetzt wurden. Alle unsere Projekte werden in einem engen Kontakt mit den Partnern im Süden und einer aufmerksamen Prüfung der Berichte umgesetzt. In diesem Jahr ist auch wieder eine Reise von Mitgliedern der Lëtzebuerger Jongbaueren a Jongwënzer und der Lëtzebuerger Landjugend nach Benin geplant, um jungen Luxemburgern die Lage vor Ort zu verdeutlichen und sie für den Kampf gegen Armut zu sensibilisieren.

Es ist mir ein Anliegen, namentlich Herrn Franz Glodt, der sich das Jahr über als „Permanent“ intensiv mit den Entwicklungsprojekten befasst und den Vorstandsmitgliedern für ihre gute Arbeit herzlichst zu danken. Mein Dank gebührt allen Landjugendgruppen, den vielen Vereinigungen und Einzelpersonen sowie den Ministerien für Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit, die uns im zurückliegenden Jahr wieder tatkräftig unterstützt haben.

Es gilt, unserer Anstrengungen auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung auch im Jahr 2007 voran zu treiben.

Abbé Leo Wagener

Vorsitzender des Verwaltungsrates

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